Kiebitze im Münsterland
Ohne wirksame Maßnahmen 2030 wahrscheinlich weitestgehend ausgestorben

Im Frühjahr sind in der freien Landschaft an immer weniger Stellen die auffälligen, namensgebenden „Kjiwitt“-Rufe unserer Kiebitze zu vernehmen. Das Aussehen ist unverwechselbar, aber nicht mehr jedem bekannt: mit ihrem weißen Bauch, dem metallisch lila-grün schillerndem Rücken und dem Federschopf sind die meist in kleinen Kolonien auftretenden Vögel eine auffällige Erscheinung, die sich aus geringer Entfernung bei ihren halsbrecherischen Flugmanövern beobachten lassen. Eigentlich sind feuchte Wiesen und Weiden die bevorzugten Neststandorte des Kiebitzes. Doch diese Standorte extensiver Nutzung verschwinden zunehmend aus unserer Kulturlandschaft. Intensiv genutztes Grünland oder sogar Ackerflächen, die von brutbereiten Paaren als Ausweichmöglichkeit akzeptiert werden, bieten nur unzureichenden Ersatz: die zu hohe Vegetation nimmt den an offene Flächen angepassten Vögeln die Sicht, während zu frühes und zu häufiges Mähen die Gelege zerstört. Auch fehlt oft die zur Aufzucht der Jungen dringend benötigte nährstoffreiche Insektennahrung, die der Einsatz von Pestiziden aus den landwirtschaftlich genutzten Flächen verschwinden lässt.
Auch auf Ackerflächen kollidiert das Brutgeschäft häufig mit den Arbeitsschritten des Ackerbaus. Die ersten Gelege werden häufig schon vor der Bodenvorbereitung für die Maissaat, bis Mitte März angelegt. Mitte April sorgt die Maissaat dann für große Gelegeverluste. Daher sind die Bestände vom Kiebitz in Münster zwischen 2003 und 2014 um 60 % eingebrochen. Ohne wirksame Schutzmaßnahmen muss man vom großflächigen Aussterben der hiesigen Kiebitzpopulation bis zum Jahr 2030 ausgehen.

Um eine Kompatibilität landwirtschaftlicher Flächennutzung mit Agrarvögeln, wie dem Kiebitz, zu erreichen, ist die NABU-Naturschutzstation Partner eines Projektes im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt. In Zusammenarbeit mit der WWU Münster richtete die NABU-Naturschutzstation im Jahr 2019 eine Kiebitz-Fachtagung und einen Kiebitz-Workshop am Institut für Landschaftsökologie aus.

Im Projekt wurden Methoden zum Schutz des Kiebitzes in „normalen“ Agrarlandschaften entwickelt und Vorschläge für deren Integration in Förderprogramme erarbeitet.
Die erfolgreich im Projekt erprobte Maßnahme "Kiebitzinsel auf Acker" wurde 2018 in das Förderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen implentiert. Da auch andere Arten von brachliegenden Teilflächen in der Agrarlandschaft profitieren, trägt die Maßnahme den Namen "Feldvogelinsel auf Acker". Nun ist es wichtig, dass möglichst viele Landwirtinnen und Landwirte diese Maßnahme auf ihren Flächen umsetzen, damit sie auf Populationsebene wirksam wird.
Zur besseren Koordination der Bestandserfassung und der Nestschutz-Maßnahmen wurde die App NestFinder entwickelt und erprobt (bisher nur für Android).
Beispiele von Situationen auf Ackerflächen und mögliche Lösungen zu Problemen finden Sie unter "Maßnahmen".
Der NABU bittet um die Meldung von Kiebitz-Beobachtungen unter der Telefonnummer 02501/9719433 oder per E-Mail an kiebitz@nabu-station.de, möglichst mit Angaben zu Anzahl und Ort der beobachteten Tiere.
Die Karte zeigt die Besiedlungsentwicklung in Warendorf zwischen 1972 und 2017 auf Minutenfeldbasis. Weiße Flächen: unbearbeitet. Grüne Flächen: vom Kiebitz besiedelt. Rote Flächen : vom Kiebitz unbesiedelt.
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